Kreis Lippe.  Seit über einem Monat verweigert das Ausländeramt des Kreises Lippe Mitarbeitenden in der Flüchtlingsberatung die Einsicht in entscheidende Akten. Diesen Schritt kritisiert die Flüchtlingshilfe Lippe e.V. Was wie eine bürokratische Kleinigkeit wirkt, kann aber von entscheidender Bedeutung für das Schicksal von Geflüchteten sein.

Seit über 10 Jahren berät die Flüchtlingshilfe Lippe e.V. geflüchtete Menschen in Lippe. In dieser Zeit hat sie immer wieder mit einer Vollmacht der Betroffenen Akten der Ausländerbehörde eingesehen oder Anträge gestellt. Eine solche Akteneinsicht ist wichtig, damit die Geflüchteten richtig beraten werden können. So kommt es z.B. auf die Wahrung von Fristen oder auf die Kenntnis aktueller aufenthaltsrechtlicher Entscheidungen an. Oftmals haben auch die Geflüchteten selber die entscheidenden Unterlagen nicht vollständig dabei, so dass eine Akteneinsicht für die Berater unverzichtbar ist.

Völlig unvermittelt stellte das Ausländeramt des Kreises Lippe diese langjährige und in den Kommunen übliche Praxis Ende Mai ein. Die Behörde verlangt jetzt von den Flüchtlingen, dass sie immer selber in die Akte sehen, was in der Praxis oft nicht möglich ist. Andererseits für jede Einsicht einen Rechtsanwalt zu beauftragen, können sich Flüchtlinge finanziell nicht leisten.

Die Flüchtlingshilfe Lippe e.V. kritisiert, dass durch die neue Praxis des Kreis-Ausländeramtes die Flüchtlingsberatung massiv behindert wird. Und das, obwohl ihre Beratungsarbeit mit erheblichen öffentlichen Mitteln gefördert wird. „Aber es geht nicht um uns. Letztlich werden hier grundlegende Rechte der Geflüchteten ausgehebelt“, klagt Frank Gockel, erfahrener Flüchtlingsberater der Flüchtlingshilfe Lippe e.V. „In einem Einzelfall führte diese Behinderung schon zu einer vermeidbaren Abschiebehaft.“

Zwar will der Kreis Lippe die Frage rechtlich prüfen. Diese Prüfung aber dauert bereits einige Wochen an. Dabei ist die Rechtsgrundlage eindeutig: Das Rechtsdienstleistungsgesetz aus dem Jahr 2006 erlaubt ausdrücklich die unentgeltliche und soziale Rechtsberatung und Vertretung durch Vereine wie die Flüchtlingshilfe Lippe e.V.. Als wesentlichen Arbeitsbereich ist dabei gerade das Ausländer- und Asylrecht genannt (Bundestagsdrucksache 16/3655).

„Wir müssen uns fragen, ob unsere Beratungsarbeit bewusst behindert wird, weil sie in Einzelfällen auch unbequem für die Ausländerbehörde sein kann. In diesem Sinne unbequem zu sein gehört aber im Zweifel mit zu unseren Aufgaben im Interesse der beratenen Flüchtlinge“, so Frank Gockel. In einem Einzelfall hat der Verein heute den Petitionsausschuss des Landtages NRW eingeschaltet, um Akteneinsicht zu erhalten,

Die Flüchtlingshilfe Lippe e.V. wurde 2005 gegründet. Sie ist Gastmitglied der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe. In mittlerweile acht Kommunen des Kreises Lippe berät der Verein Geflüchtete in einem festen Büro oder mobilen Beratungsangeboten. Zusätzlich unterhält er zwei Asylverfahrensberatungen in Oerlinghausen und Detmold sowie ein Frauenberatungsprojekt. Die Arbeit des Vereins wird durch Mittel des Landes Nordrhein-Westfalen und der Lippischen Landeskirche und ihrer Gemeinden sowie wird durch Spenden gefördert.

 

Kontakt: Frank Gockel

Tel.: 0 52 31- 45 89 151

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