Vier von der professionellen Flüchtlingshilfe: Brigitte Langner (Caritas), Dieter Bökemeier (Vorstand Flüchtlingshilfe), Elisabeth Montag (Caritas) und Matthias Neuper (Diakoniereferat, von links). (© Bernhard Preuss)

Vier von der professionellen Flüchtlingshilfe: Brigitte Langner (Caritas), Dieter Bökemeier (Vorstand Flüchtlingshilfe), Elisabeth Montag (Caritas) und Matthias Neuper (Diakoniereferat, von links). (© Bernhard Preuss)

Ehrenamtliche und Profis brauchen einen langen Atem in der Beratung

 

Kreis Lippe.  Es gibt ein Flüchtlingscafe in Kalletal, die Augustdorfer kümmern sich um die Flüchtlinge im Gemeindehaus, Ehrenamtliche übernehmen Fahrten. Beispiele für solches Engagement gibt es viele – ehren- wie hauptamtlich.

Die professionelle Flüchtlingshilfe, die sich mit Anträgen, Formularen, Fristen, Gesetzen auskennt, ist zu Monatsbeginn verstärkt worden.  Die Flüchtlingshilfe Lippe hat den Vertrag von Berater Frank Gockel auf eine ganze Stelle ausgeweitet – finanziert von der Landeskirche. Seit Monatsanfang gibt es zudem eine zweite Stelle, die Andreas Rottmann inne hat. Ziel ist es laut Superintendent  Dieter Bökemeier, in ganz Lippe  fachliche Beratung anzubieten.

Es gibt verschiedene Träger: Die Caritas ist in Detmold und Schieder-Schwalenberg aktiv, die Herberge zur Heimat in Bad Salzuflen und Lemgo (dort in Kooperation mit den Kirchengemeinden). Die Flüchtlingshilfe, deren Vorsitzender Bökemeier ist, berät in Detmold und weiteren Kommunen. „Unser Verein ist grundsätzlich parteiisch auf Seiten der Flüchtlinge“, betont der Pfarrer. Die professionelle Beratung durch freie Träger sei die „dritte Säule“ in der Flüchtlingsarbeit, neben den hauptamtlichen kommunalen Betreuern, die die Städte und Gemeinde anstellen müssen,  und eben den Ehrenamtlichen.

Matthias Neuper, Leiter des Diakoniereferates der Landeskirche, schätzt allein deren Zahl aus dem kirchlichen Bereich auf mindestens 300. Es sei eine „bunte Truppe“, die sich einsetze. Dazu gehörten Frauen aus den Kirchengemeinden, Menschen, die den Kulturkreis der Flüchtlinge kennen – vielleicht aus einem Afrika-Aufenthalt –, sozial Interessierte. „Manche waren im Gemeindeleben abgetaucht, jetzt sind sie wieder da“, sagt Neuper. Brigitte Langner vom Caritasverband stellt fest: „Da tut sich viel. Die Hilfsbereitschaft ist wirklich groß, beschränkt sich nicht  auf das, was in der Zeitung auftaucht.“

Die Profis wollen diese Ehrenamtlichen so gut es geht begleiten und ihr „hochspezielles Fachwissen“, so Elisabeth Montag, einbringen. Es geht auch um praktische Dinge:  Netzwerke der Kirchengemeinden nutzen, Treffpunkte organisieren, Spendengelder  sammeln. Es gelte auch, aufzupassen, dass die Ehrenamtlichen „nicht zu schnell zu viel“ übernehmen, dass sie ihre Grenzen erkennen, sich nicht zu sehr belasten. Die Menschen wollten ja in erster Linie anderen helfen, doch sei es zuweilen schwer, die Bedürfnisse der Flüchtlinge klar definieren und verstehen zu können. Elisabeth Montag: „Die Erwartungen sind so unterschiedlich. Manchmal fühlen die Ehrenamtlichen sich in ihrer Hilfe nicht geachtet.“

Doch ein junger Mann aus Afrika beispielsweise hat eben eine ganz andere Einstellung etwa zu einem Möbelstück, das er geschenkt bekommen hat. Wenn er diese bei einem Umzug zurücklasse, dann müsse ein Ehrenamtlicher dies einordnen können. Dies mag zuweilen schwierig sein und ist im Grunde eine Petitesse. Doch das kleine Beispiel zeigt: „Es ist ein langer Atem nötig, um Verständnis zu gewinnen“, wie Neuper sagt.

Auch mit Drogen- oder Eigentumsdelikten der Flüchtlinge gilt es, umgehen zu lernen. Elisabeth Montag weiß, dass die Angst vor dem Unbekannten in der Nachbarschaft normal ist. Doch diese Spannung müsse die Gesellschaft aushalten – eine Herausforderung. Die Profis in der Flüchtlingshilfe wollen dieses Problem nicht herunterspielen. „Aber“, sagt  Dieter Bökemeier: „Dafür, dass zuweilen so viele junge Leute aus so vielen Kulturen eng zusammenleben, passiert hier bei uns erstaunlich wenig.“

http://www.lz.de/lippe/kreis_lippe/20484883_Fluechtlingshilfe-stockt-auf.html